Ionische Inseln - Ankerchaos - Trockenmarina
- Kerstin Wilkens
- 19. Juni 2024
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Juni 2024

Ich sitze drinnen (!) mit geschlossenen Türen und Fenstern und fühle mich eher wie auf der Nordsee als in Griechenland. Draußen stürmt es bei grauem Himmel und wir kreiseln um unseren Anker. Bis vor 1 Stunde war noch alles ruhig und wir sind hier gerade noch in Ruhe angekommen. Hier ist auf Zakynthos, die südlichste der ionischen Inseln, direkt gegenüber dem Peloponnes. Ein hilfreicher Kostas mit Motorboot kam, um uns an 2 Bojen und unserem Anker sicher zu befestigen. So fühlen wir uns gut gesichert, weil noch mehr Wind kommen soll. Ich nutze die Zeit, um endlich mal wieder einen Blogbeitrag über unsere Reise zu schreiben.

Inzwischen sind wir 3 Wochen unterwegs und fühlen uns noch immer nicht so ganz richtig im Fahrtenleben angekommen. Irgendwie stellt sich keine wirkliche entspannte Routine ein. Mal macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung, weil Wind oder Welle aus der falschen Richtung kommt, mal hält der Anker oder die Landleinen nicht, so dass wir den Ankerplatz wieder verlassen müssen, um uns etwas anderes zu suchen. In der mittleren Woche waren wir außerdem mit der SOULSHINE auf dem Trockendock, um eine geplante Reparatur durchführen zu lassen.
Zudem müssen wir unsere Fahrtzeiten ja immer an Thorstens Arbeitszeiten anpassen, sodass größere Schläge nur am Wochenende zu machen sind und das passt nicht immer mit den Wind- und See-Bedingungen zusammen.
Aber von vorne: am 24.5. sagen wir Korfu für ca. 3 Monate auf Wiedersehen und fahren Richtung Süden nach Lakka/Paxos https://korfu-segeln.de/segelrevier/haefen-und-ankerplaetze-korfu/lakka-paxos/. Dort kennen wir uns noch aus, weil wir dort schon öfter mal waren. Lakka ist ein niedliches Örtchen mit vielen kleinen Restaurants und Geschäften. Hier kann man gut ankern, auch wenn die Bucht wegen der Nähe zu den Charter-Basen oft sehr voll ist. Wir fahren mit dem Beiboot zum Essen an Land und verbringen einen regnerischen Abend an Bord.

Am nächsten Morgen starten wir vor dem Frühstück Richtung Süden. Ziel ist Lefkada, die nächste ionische Insel. Dort gibt es eine große Marina, die wir aber diesmal nicht anfahren. Wir wollen in einer schönen Bucht ankern und uns mit unseren amerikanischen Freunden treffen. Wer nach Lefkada (Lefkas) fährt, muss ein Nadelöhr passieren. Lefkada ist mit dem Festland durch eine Brücke verbunden, die immer nur zur vollen Stunde für Boote geöffnet wird. So staut es sich auf den Wasserstraßen. Wir haben Glück, dass wir als 4. Boot dort ankommen und bald durchfahren können. Es fühlt sich dann so an, als würde man über ein kleines Flüsschen weiterfahren. Sehr beschaulich!

Nach knapp 7 Stunden sind wir angekommen. Die Bucht ist ein tiefer Landeinschnitt bei Nidri. Dort fühlt man sich wie auf einem See. Das Wetter ist schön, die Freunde sind da, ein paar Tage später kommen auch unsere Berliner Freunde dazu. Tagesprogramm: Arbeiten, schwimmen, gut Essen (gehen), abends Ouzo mit Freunden. Fast wie im Urlaub. Nach 3 Tagen trennen wir uns alle wieder und fahren weiter auf unseren unterschiedlichen Routen. Aber es wird sicher nicht das letzte Mal gewesen sein, das wir uns treffen.

Für uns geht es jetzt wieder ein bisschen zurück nach Norden und Richtung Festland. Wir haben eine Reparatur auf dem Trockendock in Preveza gebucht und wollen uns vorher noch den ambrakischen Golf ansehen. Dort soll es eine besondere Flora und Fauna geben, weil der Golf von 2 Flüssen gespeist wird. Es soll Delphine, Schildkröten und Robben geben und allerhand Vögel. Wir halten also die Augen offen.
Unser erster Ankerplatz ist eine schöne Bucht mit dem kleinen Städtchen Vonitsa, in dem wir essen gehen und einkaufen können. Sonst hat es nichts zu bieten. Aber die Bucht ist leer und ruhig. Wir genießen schöne Sonnenuntergänge, SUP fahren und ein ruhiges Liegen.

Dann zieht es uns weiter, weil wir immer noch keine der versprochenen Tiere gesehen haben. Weiter im Norden des Golfes liegen wir ähnlich gut und völlig ohne Versorgung an Land. Wir genießen es sehr inzwischen einen Wassermacher und genügend Solarmodule zu haben und so sind wir jetzt völlig unabhängig von Strom- und Wasserversorgung von außen. Die Essensvorräte werden etwas knapp, aber Improvisation ist alles. Verhungern werden wir nicht!

Abends machen wir eine kleine Dinghi-Tour und sehen Pelikane, Silberreiher und
sogar einen Rochen. Wir sind versöhnt und zufrieden. Auch hier liegen wir ruhig und entspannt. So lässt es sich leben.
Dann ist bald unser Kran-Termin in Preveza und wir machen uns auf zur Marina Cleopatra. Dort geht Thorsten dann von Bord und fliegt am nächsten Tag für 4 Tage nach Frankfurt ins Büro.

Ich bringe mit einem Skipper zusammen am nächsten Tag unser Boot in den Kran und damit auf unseren Trocken-Marina-Platz für die nächsten 4 Tage. Kranen ist immer eine aufregende Sache. Dieser riesige Kran hebt unser Ein und Alles aus dem Wasser – es schwebt – es wird auf einen Anhänger geladen und damit zum Platz transportiert. Eine sehr unnatürliche Bewegungsart für ein Boot. Es wird aufgebockt und gesichert. Ich kann über eine Leiter aufs Boot (das ist jetzt soo hoch, wo kein Wasser es mehr trägt) und darf auch darauf wohnen. Ich nehme mir vor das restliche Holz zu streichen, dass ich auf dem Wasser nicht erreichen konnte.

Die fällige Reparatur ist eine Anpassung unserer Toilettenleitung. Sie verstopft immer wieder und muss erweitert werden. Alle abführenden Leitungen werden erneuert und wir fahren hoffentlich mit einer funktionierenden Toilette weiter. Gemeinsam mit Thorsten beschaue ich per Video den Rumpf und wir beschließen, dass ein neues Anti-Fouling nicht schlecht wäre. Da sparen wir einmal kranen im nächsten Frühjahr (alle 2 Jahre muss das gemacht werden). Antifouling schützt das Unterwasserschiff von Bewuchs und Muscheln.

Auch das Antifouling für die Propeller sind fällig – das hatten wir schon geplant selbst zu erledigen.
Am nächsten Morgen kommen die Servicemitarbeiter und fangen mit der Toilette an. Super! Ich frage im „technical departement“ vorsichtig nach, ob Antifouling in den nächsten 2 Tagen gemacht werden könne. Es kann! 2 Tage später wird auch das erledigt. Inzwischen bin ich gefühlte 50-mal die Leiter rauf- und runtergestiegen, um zur Toilette zu gehen, einzukaufen, Wäsche zu waschen, Holz und Propeller zu streichen, Eis zu essen …. Und nicht zu vergessen: den gut sortierten Marine-Shop aufzusuchen, um Pinsel zu kaufen, Schwimmleine fürs Dinghi (endlich!), Farbe für die Propeller und so dies und das mehr oder weniger Nützliche, was wir „unbedingt“ brauchen.

Alles in Allem ist dieser Aufenthalt an Land zwar sehr unbequem, aber sehr effektiv. Die Marina Cleopatra ist bestens organisiert, eine riesig große Trockenmarina mit mehreren Kränen, die auch sehr große Boote an Land heben können, mit Marine-Shop, Self-laundry, Sanitäranlagen und einer sehr guten Organisation. Alles wurde sorgfältig und mit guter Kommunikation ausgeführt. Und so werden wir auch termingerecht am Samstagmorgen wieder ins Wasser gelassen und können unsere Tour fortsetzen.
Wir fahren nach Meganisi und ankern in einer schönen Bucht, um am nächsten Tag weiter nach Kefalonia zu fahren. Dort gibt es einen kleinen Ort Fiskardho mit kleinem Hafen, den wir ansteuern. Ganze 8 Plätze für Gäste gibt es und leider sind wir das neunte Schiff, das ankommt. Also ankern wir in der Bucht und fahren nachher mit dem Dinghi rein.
Soweit der Plan – doch es kommt total anders. Wir ankern in der Bucht. Beim ersten Versuch hält der Anker nicht, das kann mal sein, dann versucht man es einfach nochmal. Kein Grund zur Aufregung. Lieber sicher geankert, als mal eben schnell und es hält nicht. Beim zweiten Mal hält der Anker, aber wir fühlend uns beide nicht wirklich wohl. Zu nah am Badestrand … rutscht der Anker doch?… Wir beschließen unserem Gefühl zu vertrauen, um nicht die ganze Nacht unruhig zu sein und heben den Anker wieder.
Die 3. Alternative in dieser Bucht ist es mit Landleinen festzumachen. Das macht man in engen Buchten mit steilen Ufern. So können mehrere Boote enger nebeneinander liegen ohne sich um ihre Anker zu drehen (schwojen). Man fährt rückwärts Richtung Ufer, wirft den Anker, lässt viel(!) Kette runter. Dann verlässt einer (ICH) mit SUP, Dinghi, oder schwimmend das Boot und macht eine Landleine an einem Stein, Felsen, Baum … fest.

Hört sich einfach an, ist aber zumindest für mich sehr schwierig. Unsere Schiffsbauart ist so, dass Thorsten oben vorne am Steuerstand ist und nicht hinten unten mit den Leinen helfen kann. Die Verständigung ist ob der Entfernung und zweier laufender Motoren denkbar schlecht.
Mit SUP und Leinen, auf der Suche nach dem passenden Stein bin ich sehr gefordert, bis ich alles fixiert habe und schwimme zurück. 2. Leine - gleiches Spiel. Der nächste Stein überzeugt mich nicht so richtig, aber was Besseres findet sich nicht und eine Landleine reicht eigentlich auch. Bis alles fest ist, versucht der Kapitän das Schiff an Ort und Stelle zu halten, mir zwischendurch „irgendetwas???“ zuzurufen und Leine nachzugeben. Sehr stressig.

Außerdem sind die Steine spitz und nicht sehr Finger- und Fußtauglich. Völlig fertig lande ich wieder am Schiff, befestige das SUP und suche nach Erholung. „Das müsste einfacher gehen – ich bin fix und fertig. Und wenn wir wieder abfahren das Gleiche nochmal. MEIN Ding ist das nicht. Ich fühle mich überfordert“. Das waren meine Worte.
Im nächsten Moment Buchten-Kino vom Feinsten. Ein Boot will abfahren, zieht seinen Anker hoch und direkt den vom Nachbarn mit. Der eine kann nicht weg, der andere driftet auf das felsige Festland zu. Kein Mensch an Bord, die Nebenlieger in Aufregung. Hilfe wird organisiert, um das eine Boot zu sichern, das andere zu befreien. Wir schauen zu und hoffen, dass alles gut geht.
Und merken nicht, dass wir auf unseren Nachbarlieger zutreiben. Scheinbar hält unser Anker nicht richtig. Oh NEIN! Jetzt ist die Aufregung auf unserer Seite, wir müssen etwas tun. Wollte ich mich nicht erholen??? Nicht möglich! Aktion! Motoren an und gegensteuern. Aber der Seitenwind hat aufgefrischt und treibt uns immer wieder Richtung Nachbar. Neu ankern, aber wie? In die gut befestigte Leine fahren – das zieht uns wieder zurück zur alten Position. Und dann? So ein Mist. Ich will nur noch weg hier, was aber wegen der Landleinen nicht so einfach ist. Wie bekomme ich die jetzt wieder los? Dezent kommt Panik auf. Dann kracht es und die 2. Leine (bei der ich sowieso nicht so sicher war) ist los. Schnell hole ich sie ein. 30 Meter Hand über Hand gegen Wasserwiderstand. Ich rufe unserem Nachbarn zu, ob er uns die andere Leine lösen kann. Er kann und wir sind frei – zumindest hinten. Nochmal 30 Meter Leine einholen. Der Kapitän holt den Anker hoch und wir fahren. Erstmal hier raus – und dann??

Ich bin zu erschöpft, um Entscheidungen zu treffen. „Lass uns erstmal Richtung Süden fahren, um uns zu beruhigen und erholen, was zu trinken und neue Beschlüsse zu fassen“. Gesagt getan. Das Meer ist gnädig ruhig, der Wind mäßig und wir fahren einfach vor uns hin – ohne Aufregung, nur zum Erholen. Das tut gut und unsere Nerven können sich beruhigen. Später werden wir besprechen, was schiefgelaufen ist. Das machen wir immer, um daraus zu lernen.
Wir fahren an der Küste entlang Richtung Effimia, eine kleine Hafenbucht, in der man auch ankern kann. Da funktioniert wieder alles bestens. Wir ankern in gutem Ankerboden und fühlen uns sicher für die nächsten Nächte. Was für ein Tag!
Bei der abendlichen Nachbesprechung merken wir, dass wir wahrscheinlich der Anker nicht richtig eingefahren war (haben wir wegen des neuen Manövers irgendwie nicht überprüft) und er deshalb gerutscht ist. Wir führen uns nochmal die theoretischen Vorgänge beim Landleinenankern zu Gemüte und wollen es demnächst bei ruhigen Bedingungen nochmal probieren. https://www.esys.org/esys/Ankern_mit_Landleine.html Wie man sich doch überschätzen kann … aber das erfahrt ihr im nächsten Blogbeitrag.
Die Tage in Effimia sind ruhig, das Ministädtchen ist leicht mit dem Dinghi zu erreichen – das ist erstmal alles, was wir brauchen, um nach der anstrengenden letzten Woche (Trockendock, Frankfurt, Schiffsreparaturen, Ankerdesaster) zur Ruhe zu kommen. Manchmal merkt man eben doch das Alter *seufz*

Und was sagt die Katze dazu? Kitty: „Als das Boot nicht mehr im Wasser war, war ich ziemlich verwirrt. Runter gucken war plötzlich nicht mehr schön, also habe ich es gelassen. Das Boot verlassen konnte ich nicht, also hab ich das auch nicht probiert.
Die ganze Aufregung beim Ankern habe ich nicht verstanden und mich einfach mal auf eine Bank gelegt und abgewartet bis meine Menschen sich wieder beruhigt hatten. Danach haben sie mich dafür gelobt. Schnurr! An die Schaukelei habe ich mich gewöhnt und wenn es jetzt manchmal soo warm ist, schlafe ich einfach – mache ich ja sowieso gerne. Also bei mir nix Neues.“
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